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Planetopia 5: Möchtest du noch etwas Rahm in deine Fajitas?

Das Beste vom Besten? Das wollten wir herausfinden, als wir am Tisch unsere Lieblingsgerichte mit Lego© bauten. Ein Abenteuer, das uns in Tomatengewächshäuser, Schweizer Ställe und die Milchindustrie führte. Verbunden hat uns die Lust am Geschmack und die Freude am Austausch.

Jeden Tag, von Dienstag bis Sonntag, bevor das Museum für Kommunikation die Türen öffnet, treffen wir Kommunikatorinnen und Kommunikatoren uns, um zu brainstormen und eine Tages-Aktivität für das Publikum zu kreieren. Wir schaffen Erlebnisse. Und wir suchen den Austausch auf Augenhöhe.

Mein Name ist Timothée. Ich bin Kommunikator.

Es ist Samstagmorgen, und wir beschliessen, uns heute mit dem anspruchsvollen Thema der nachhaltigen Ernährung zu befassen. Seit der Eröffnung der Wechselausstellung Planetopia – Raum für Weltwandel suchen und diskutieren wir mit dem Museumspublikum Wege in eine ökologisch verantwortungsvolle Zukunft.

Zu Tisch! Sechs Teller und sechs Becher stehen auf dem Tisch in der Mitte des Labors, dem Ausstellungsbereich für die direkte Kommunikation. Die Aluminiumbecher enthalten 56 verschiedene Legosteine – für alle dieselben (Lego© Serious Play®). Ich lade meine Gäste ein, Platz zu nehmen.

Die Aufgabe am grossen Esstisch lautet: Innerhalb von drei Minuten mit dem Lego-Set seine Lieblingsmahlzeit zusammenbauen. Keine weiteren Vorgaben ausser dieser: Es gibt kein Richtig oder Falsch – also los! Und es ist erlaubt, die Ideen der anderen zu klauen, aber niemals die Legosteine. Hihi

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Lego-Modelle von Lieblingsgerichten, gebaut von unserem Publikum.

Es nehmen vier Kinder zwischen fünf und neun Jahren neben mir Platz. Ihre Eltern sind irgendwo in der Ausstellung unterwegs, die Kleinen sind allein und ziemlich selbstständig. Sie setzen sich, die Augen leuchten: Sie freuen sich auf dieses gemeinsame Erlebnis! 1, 2, 3, los! Sie beginnen sehr konzentriert mit dem Bau ihres Lieblingsessens. Nach drei Minuten stellen sie ihr Modell vor. Am Tisch gibt es:

«Fajitas mit Salat und Hühnchen.»

«Spaghetti mit Tomatensosse.»

«Eine Pizza mit Schinken und Käse.»

«Fajitas.»

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Pizza al prosciutto e formaggio, gebaut aus Lego.

Das Wasser läuft uns im Mund zusammen, wenn wir den Schilderungen am Tisch lauschen. Die Lego-Modelle werden mit Worten und Händen erklärt.

«Was ist an euren Lieblingsgerichten positiv für unseren Planeten?», frage ich meine Gäste:

«Der Salat [die grünen Legosteine] ist gut für den Planeten. Er wächst, das ist Natur.»

«Die Tomatensosse [die roten Legosteine] ist auch Gemüse.»

Gemüse zu essen ist gut für die Gesundheit – und für den Planeten. Gemüse sind Pflanzen, die CO2 binden, Kohlendioxid, ein Gas, das die Pflanzen zum Beispiel für die Photosynthese brauchen. Pflanzen werden oft als die Lunge unseres Planeten bezeichnet, da sie – in gewisser Weise – die Luft filtern, die wir Menschen atmen.

Die Tomatensaison in der Schweiz ist kurz. Aus diesem Grund sind Tomaten aus der Dose zu einem sehr beliebten Produkt geworden. Besonders für die Pizza, die unsere Besucherin so schätzt! Doch die Produktion von Dosentomaten und Tomatensosse im Glas ist sehr klimaschädlich. Der Energieaufwand für die Herstellung und Entsorgung von Dosen und Gläsern ist so hoch, dass der Transport frischer Tomaten aus Südeuropa im Winter weniger CO2-Emissionen verursacht. Aber wie schmecken diese Tomaten, die mitten im Winter in Gewächshäusern gezüchtet werden? Die beste Art, Tomaten im Winter zu essen, ist, im Sommer seine eigene Tomatensosse in wiederverwendbaren Einmachgläsern einzukochen. Und ansonsten: Lokal und saisonal essen, ist immer die umweltfreundlichste Art, sich zu ernähren. Und auch die, mit dem Maximum an Geschmack!

«Was könnten wir an euren Mahlzeiten ändern, damit sie noch besser für den Planeten sind und trotzdem superleckere Gerichte bleiben?», frage ich meine Gäste.

Die Kinder antworten wie aus der Pistole geschossen:

«Der Rahm, den wir für die Fajitas verwenden, ist nicht natürlich.»

«Rahm wächst nicht in der Natur.»

«Man braucht Kühe und muss die Milch verarbeiten, um Rahm herzustellen.»

Wenn man Kühe melkt, erhält man Milch.

Bevor diese Rohmilch auf dem Bauernhof verkauft wird, wird sie oft erhitzt und dann ganz, mit allen Fetten (Rahm), verkauft.

Die Milch, die in Supermärkten in den Verkauf kommt, wird zuvor verarbeitet. Sie kommt in eine Zentrifuge, die die Milch vom Rahm trennt. Je nach Verfahren und gewünschtem Endprodukt wird das Fett neu gemischt, pasteurisiert, homogenisiert, um zum Beispiel Vollrahm, Halbrahm, Joghurt oder Butter herzustellen.

Die Milch, die wir im Supermarkt als «Vollmilch» kaufen, ist also gar nicht «voll». Sie wurde entrahmt. Solche «Vollmilch» ist ein Produkt, für das aufgrund wirtschaftlicher und politischer Ziele ein bestimmter Fettanteil definiert wurde. Bis 2008 enthielt Schweizer Vollmilch 3,8 % Fett. Um sich dem europäischen Markt anzupassen und wettbewerbsfähig zu bleiben, wurde der Fettgehalt der Schweizer Vollmilch auf 3,5 % gesenkt.

Unverarbeitete Rohmilch, wie sie aus dem Euter der Kuh kommt, enthält etwa 4,1 % Fett. Der unterschiedliche Fettgehalt der als «Vollmilch» verkauften Milch und der Rohmilch erlaubt es beispielsweise, zusätzliche Produkte anzubieten und zu vermarkten.

Am 26. Dezember 2022 enthielt die Rohmilch der Kühe von Andreas vom Hof Frei in Illiswil bei Bern 4,2 % Fett. Sie ist nicht entrahmt. Sie wird direkt verkauft, etwa ans Café Pavillon in unserem Museum. Milch ist ein Naturprodukt. Im Sommer enthält das Gras mehr Wasser als das Heu oder das Futter, das die Kühe im Winter fressen: Daher enthält Rohmilch im Sommer weniger Fett als im Winter.

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Regal mit Milchprodukten in der Wechselausstellung Planetopia.

«Käse kommt auch von Kühen», erklärt die junge Museumsbesucherin vor ihren Legosteinen in Pizzaform.

Käse ist ein Produkt, mit dem Milch – in anderer Form – haltbar gemacht werden kann. Der Grossteil der in der Schweiz produzierten Milch wird für die Käseherstellung verwendet. Um ein Kilogramm Käse herzustellen, braucht es etwa zehn Liter Milch. Eine Milchkuh produziert 20–25 Liter Milch pro Tag. Kühe benötigen Futtermittel und landwirtschaftliche Fläche. Wenn die Wiederkäuer ihr Futter verdauen und wenn Mist und Gülle als Dünger auf den Feldern verteilt werden, entsteht Methan, ein Gas, das 25-mal schädlicher ist als CO2. Es ist sinnvoll, den Konsum von Milchprodukten zu reduzieren. Auch wenn dies nicht mit der Politik und der landwirtschaftlichen Strategie unseres Landes übereinstimmt.

Ich merke, dass die Energie meiner Gäste nachlässt und sich der Dialog dem Ende zuneigt. Haben die Kinder eine letzte Idee oder einen letzten Kommentar, um ihre Lieblingsgerichte zu verbessern? Die Jüngste, die Spaghetti mit Tomatensosse – ein traditionelles (und früher veganes) italienisches Gericht – über alles liebt, erklärt ganz offen:

«Wir könnten noch etwas Fleisch dazugeben, das wäre gut!»

Alle am Tisch sind einverstanden! Ich grinse bis über beide Ohren. Ja, tatsächlich gibt es eine zentrale Komponente, die wir beim Denkprozess über unsere Ernährung nicht vergessen dürfen: unseren Geschmack. Wir essen nicht nur, um uns zu ernähren, sondern auch, weil wir gerne Dinge essen, die uns schmecken. Und hier liegt die Schwierigkeit: die Lust am Geschmack und die Verantwortung für unseren Planeten miteinander zu verbinden. Welches System möchte ich fördern? Habe ich die Mittel, es zu fördern? Wie möchte ich Veränderungen bewirken?

Keine einfachen Fragen, über die wir uns aber gerne mit Ihnen, liebe Besucherinnen und Besucher, in der Wechselausstellung Planetopia austauschen. Gemeinsam können wir Antworten finden und unsere Konsumgewohnheiten verändern.

Autor

Timothée Olivier, Kommunikator, Museum für Kommunikation, Bern

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