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Marketing sucht Ökologie

Wie wirbt man möglichst ökologisch? Eine knifflige Frage, die im Rahmen unseres Projektes Planetopia – Raum für Weltwandel noch mehr als bisher ins Zentrum rückt. Wir haben uns auf die Suche nach Antworten gemacht. Oder: Der lange Weg eines ungleichen Paars, mit Ansatz zum Happyend.

Marketing und Ökologie – ein Paar, das nicht einfach zusammenzubringen ist. Doch ich bin gewillt diesmal dranzubleiben und für unsere wichtigen Werbeträger Plakat und Flyer bessere Lösungen zu finden. Schliesslich sind sich alle einig: Die Ökologie wird auch im Marketing immer wichtiger – wenn auch oft vor allem in der Selbstdarstellung und weniger in der konkreten Umsetzung (so ein Käse!).

Mal schauen, was Google dazu weiss. Ich tippe Suchbegriffe ein, klicke mich durch Dutzende Seiten und weiss am Ende – so gut wie nichts Neues. Die meisten Suchtreffer führen mich zu «nachhaltigen» Give-Aways, Produkte aus Bambus und Recycling-Plastik. Das klingt vor allem an der Oberfläche gut, allzu sehr nachbohren möchte man da nicht. Ist eine Handyhalterung aus Bambus nachhaltig, wenn das bisher gar niemand in seinem Leben vermisst hat? Das lasse ich einmal so stehen und wende mich wieder meinem eigentlichen Problem zu.

Eine Bildschirmaufnahme von einem kleinen Holzstühlchen für ein Mobiltelefon. Auf dem Bildschirm klebt ein Postit mit einem grossen Fragezeichen. - vergrösserte Ansicht
Mein Handy ist bisher gut ohne Halterung zurecht gekommen.

Wer bietet das ökologische Plakat?

Für einmal liefert das Internet also keine pfannenfertigen Rezepte. Ich muss offensichtlich meine Strategie ändern. Dazu reduziere ich erst mal meine Frage auf ein konkretes Angebot: Ist ein Plakat auf einem digitalen Bildschirm ökologischer als das althergebrachte gedruckte Plakat? Da muss doch jemand Bescheid wissen.

Das erste E-Mail geht deshalb an die Plakatstellenbetreibenden. Gemäss Website unternehmen sowohl Clearchannel, wie auch die APG viel im Bereich der Nachhaltigkeit. Bei ersteren geht meine Anfrage allerdings ins digitale Nirvana. Auch nach mehreren Wochen – keine Spur von einer Reaktion.

Die APG nimmt den Dialog auf, fragt genauer nach und stellt dann fest: Die Frage ob ein analoges Plakat oder ein digitales ökologischer ist, lässt sich nicht so allgemein beantworten. Ich schicke Ihnen also drei konkrete Kampagnen und bitte um eine Einschätzung. Das ist nun nahrhaft. Es bleibt erst mal eine Weile still. Auf mein Nachfragen stellt sich dann heraus, dass sie das noch nicht zuverlässig berechnen können. Projekt vorläufig sistiert. Sie suchen jedoch nach Lösungswegen und wollen sich wieder melden. Immerhin.

Foto des Vorplatzes des Museums für Kommunikation, im Vordergrund eine Plakatwand. - vergrösserte Ansicht
Plakate sind im Kulturbereich wichtige Werbeträger. Unklar bleibt, ob das gedruckte Plakat ökologischer ist als die digitalen Bildschirme, die man nun öfters antrifft.

Neuer Ansatzpunkt – wer kennt dasselbe Problem, wer muss Werbung machen, will aber möglichst ökologisch bleiben? Ich melde mich bei der Grünen Partei Schweiz. Da hat man sich bestimmt schon Gedanken gemacht. Und tatsächlich erhalte ich vom Generalsekretariat erste konkrete Tipps: ökologisches Papier wählen, Transportwege kurz halten und nicht für energieintensive Produkte werben. Das ist doch schon mal ein Ansatzpunkt.

Das richtige Papier

öbu, der Verband für nachhaltiges Wirtschaften, ist meine nächste Anlaufstelle. Hier empfiehlt man mir eine besonders ökologische Druckerei. Vögeli AG in Langnau arbeitet nach der Idee der Kreislaufwirtschaft. Die Produkte können vereinfacht gesagt, am Ende des Kreislaufes wieder der Natur übergeben werden, weil sie keine Schadstoffe enthalten. Ein toller Ansatz! Und das Beste daran: Vögeli AG ist seit Jahren unsere Hausdruckerei.

Nahaufnahme von zwei umfangreichen Papierstapeln. - vergrösserte Ansicht
Marketing ist in der Regel mit einigem Papieraufwand verbunden. Wie lässt er sich sinnvoll reduzieren?

Ich treffe Martin Schlegel von Vögeli für eine Beratung in Sachen Papier. Die Drucksachen zu unserem Projekt Planetopia sollen natürlich hohen ökologischen Ansprüchen genügen. Zu meiner Überraschung empfiehlt mir der Experte ein blütenweisses Frischfaserpapier. Nichts mit Öko-Braunstich oder Recycling-Grau. Ich lerne: Es gibt zwei Wege. Recycling ändert nichts Grundsätzliches. Hier verwendet man einfach ein Material weiter, das zu grossen Teilen problematisch produziert wurde. Bei der Kreislaufwirtschaft hingegen kontrolliert man alle Schritte zum Papier und versucht den Prozess selbst zu verbessern. Im Endeffekt hat das Lessebo-Papier aus der Kreislaufwirtschaft den kleineren CO2-Fussabdruck. Interessant!

Dummerweise entspricht das nicht den Erwartungen und Gewohnheiten der Kunden – deshalb wird dann oft noch ein Packpapier-Look aufgedruckt, damit der ökologische Aspekt sichtbar wird. Das ist natürlich unsinnig, weil so zusätzlich Energie und Ressourcen verbraucht werden… Ganz nebenbei erhalten wir so überholte Bilder in den Köpfen der Konsumierenden aufrecht. Es entsteht ein Kreislauf, der wenig förderlich ist für ein Umdenken. So schnell geraten sich Marketing und Ökologie wieder in die Haare.

Nun, ich habe immerhin das richtige Papier gefunden. Das ist schon einmal ein Anfang. Manchmal ist es auch einfach, wenn man schon den richtigen Partner hat. Mit ein paar Anpassungen am Konzept kann ich auch noch Auflage und Format reduzieren. Damit haben wir schon mal viel Papier gespart und sind mit dem Flyer gut unterwegs.

Mit etwas Glück finde ich auch zum Plakat noch mehr raus. Und siehe da: In Deutschland stosse ich wenig später auf einen Web-Kalkulator von Mediaplus. Hier lassen sich Kampagnen rudimentär vergleichen. Das gibt immerhin erste Anhaltspunkte (das gedruckte Plakat schneidet überraschend gut ab). Etwas unklar bleibt, wie der Kalkulator von der Anzahl Kontakte eines Werbe-Bildschirms auf seinen CO2-Fussabdruck schliesst. Ich gebe noch nicht auf. Meine nächsten Mails gehen zu Carbontech und digital Switzerland. Was schon mal klar ist: Der Weg, seine Werbekampagne ökologischer zu gestalten, ist aktuell noch ziemlich steinig.

Autor

Nico Gurtner, Leiter Marketing & Kommunikation, Museum für Kommunikation

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